Unsichtbare Hände – Wenn Urheberrecht auf Ghostwriting trifft

06.03.2023

Mit 40.000 verkauften Exemplaren seiner Biographie, gelang Prinz Harry schon am Tag der Veröffentlichung ein Erfolg, wie man ihn sonst nur von einem anderen Harry kennt: Harry Potter.

Autorin: Cosima Schlesinger 

Dass es sich bei der Autobiographie des Prinzen um das Werk eines Ghostwriters handelt, ist auf den ersten Blick nicht erkennbar. Weder der Buchdeckel, der Prinz Harry namentlich und fotografisch fulminant abbildet, noch der Klappentext weisen auf J.R. Moehringer hin. Dennoch ist er der eigentliche Autor dieser Biographie – und ein Ghostwriter.

Ghostwriting ist keine neue Erfindung. Seit der Antike bereits werden literarische, politische und wissenschaftliche Werke von „unsichtbaren“ Händen für Persönlichkeiten in der Öffentlichkeit verfasst. Die immense Bedeutung des Ghostwritings zieht sich auch im 21. Jahrhundert wie eine Konstante durch Publikationen jeglicher Art. Von Prinz Harry über Barack Obama bis Heidi Klum, sie alle haben sich bereits des Ghostwritings bedient.

Aus juristischer Sicht ist Ghostwriting ein sehr vielschichtiges Thema, welches häufig rechtliche Grauzonen streift. Da keine Definition des Begriffs existiert, orientiert man sich an spezifischen Merkmalen, die stärker oder schwächer ausgeprägt sein können. Wird das Werk einer anderen Person namentlich zugeordnet, stilistisch auf diese Person und nach deren Vorstellungsgehalt ausgerichtet oder - in der Diktion des Urheberechtsgesetzes - auf die namenstragende Person hin "subjektiv fremdorientiert geistig geschaffen", so spricht man von Ghostwriting.

Auf ausdrücklichen Wunsch oder mit Einwilligung der ghostwritenden Person hin wird das Werk im Namen der auftragsgebenden Vertragspartei oder unter einem Pseudonym veröffentlicht. Der Name der schöpfenden Person findet keine Erwähnung, dennoch wird diese immer zumindest Teil- oder Miturheber:in des urheberrechtlich geschützten Werkes. 

Sollte die ghostwritende Person das verfasste Werk zu einem späteren Zeitpunkt im eigenen Namen veröffentlichen wollen, verhindert der Gesetzgeber so den unbefugten Namensgebrauch gem. § 45 ABGB durch die auftragsgebende Vertragspartei.

Zivilrechtliche Einordnung

Bei einem „Ghostwriting-Vertrag“ handelt es sich um einen Mischvertrag, der sowohl kauf-, dienst-, als auch werkvertragliche Elemente aufweist. Ein Plagiat, also die unrechtmäßige Aneignung von fremden Arbeiten, findet nicht statt, da zwischen den Vertragsparteien eine Einwilligung auf Verzicht der Namensnennung der schöpfenden Person besteht. Ebenfalls wird eine Ghostwriter:innen-Abrede geschlossen. Diese beinhaltet die Abmachung, dass das Werk unter dem Namen des Nichturhebers / der Nichturheberin veröffentlicht, auf eine spätere Namensnennung verzichtet und über das Ghostwritingverhältnis Stillschweigen gewahrt wird. Obwohl so eine Abrede juristische Klarheit schaffen soll, ist ihr Inhalt der häufigste Streitpunkt vor Gericht. 

Demnach ist es also legal für jemand anderen ein literarisches Werk zu verfassen, ohne namentlich genannt zu werden? - Jein. Nach österreichischer Rechtslage wird die Veröffentlichung eines Werkes unter dem Namen einer anderen Person weitestgehend als unproblematisch gesehen. Der/Die Schöpfer:in des Werkes kann sich mittels einer rechtswirksamen Vereinbarung verpflichten, das Werk in einem anderen Namen publizieren zu lassen, jedoch kann die andere Vertragspartei, in deren Namen das Werk veröffentlicht wird, rechtlich nicht durchsetzen, dass die schöpfende Person später auf ihr Urheberpersönlichkeitsrecht verzichtet.

VALC-Tipp 

Ein sehr verführerischer Gedanke ist es, sich für das Verfassen einer Abschlussarbeit eines/einer Ghostwriters/Ghostwriterin zu bedienen.  

Vorsicht! Wird eine akademische Abschlussarbeit verfasst, dann ist gem. § 51 Abs 2 Z 7 , 8, 13, UG 2002 das eigenständige Arbeiten zwingend vorausgesetzt. Das Verfassen durch eine ghostwritende Person würde demnach als „wissenschaftliches Fehlverhalten“ qualifiziert werden und gravierende Folgen nach sich ziehen. Drohende Konsequenzen sind die Nichtigkeit der Beurteilung und der Widerruf des erlangten akademischen Grades. 

 

Quellen

Planta, Ghostwriter (1998), 2 ff.

Stolz, Der Ghostwriter im deutschen Recht (1971), 1 ff.

Krakies in Berger/Wündisch, Urhebervertragsrecht (2008), 490.

S. Brehm, Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Ghostwriter-Verträgen, MR 2015, 303.

Groh, Mit fremden Federn, GRUR 2012, 870 mwN.

Mitteilungsblatt der Universität Wien, 15. Stück, Nr 112 vom 31. 1. 2006.

 

Hinweis

Dieser Beitrag ist rein zum Konsum aus Interesse gedacht und stellt keine rechtliche Einschätzung oder Beratung dar!