Autor:innen: Artjom Kashaev und Konstanze Pawlik
Zwischen Kaffeehäusern und Museen wurde viel geplauscht über Gott und die Welt, die Verbindungen von Kunst und Recht und die Vor- und Nachteile von Berlin und Wien. Uns allen hat der Besuch große Freude bereitet! Dass zu solch einem intensiven Programm so nette und unterschiedliche Charaktere mit spannenden Ideen und Lust auf eine gemeinsame Zeit zusammenkamen, war wahrlich eine Besonderheit!
Ein Wiener Gruß aus der Küche
18 Uhr Ortszeit: Fiona und Lukas aus Wien fanden sich mit den ersten Berliner Angereisten Ruben, Artjom und Julia auf der sonnigen Terrasse des 1858 gegründeten Gmoakeller ein. Die Zeichen standen bereits von Anfang an auf Kunst! Denn die Mitglieder der BALS reisten nicht nur aus Berlin, sondern sogar aus Rom an, wo Julia aktuell an einem Art Law-LL.M. Programm an der italienischen LUISS-Universität teilnimmt. Im Traditionslokal neben dem Wiener Konzerthaus genossen wir - selbstverständlich unerwartet - Kalbsschnitzel, Wildgulasch und Tafelspitz.
Als wäre die kulinarische Ankunft nicht üppig genug gewesen, tasteten sich Julia und Artjom zum Nachtisch an eine echte Wiener Spezialität heran: den Eismarillenknödel. Vom Wiener Eishersteller Kurt Tichy im Jahre 1967 erfunden, besteht diese köstliche Süßspeise aus einer feinen Vanilleeis- und - Oberscreme mit einem Kern aus Marillenmarmelade, das in geriebenen, gerösteten und leicht karamellisierten Haselnüssen gewälzt wird.
Ein himmlischer Ausklang, der durch heitere Gespräche und anschließenden Drinks auf dem Naschmarkt abgerundet wurde.
Das Bildnis Fräulein Lieser
Der zweite Tag stand ganz im Zeichen der Kunst: In unterschiedlicher Aufteilung besichtigten die Berliner:innen das Kunsthistorische Museum (KHM), das Leopold Museum, die ALBERTINA, das Auktionshaus Kinsky, sowie das Atelier des österreichischen Künstlers Christian Schwarzwald im 7. Bezirk.
Für ausreichend Stärkung sorgte bei Ruben und Artjom das Ei im Glas zu Schnittlauchbrot und einer Wiener Melange im Café Hummel, sowie ein Mittagsmahl bei der Mitzitant.
Das Auktionshaus Kinsky spielte am Freitag eine ganz besondere Rolle.Denn bis zur Schließung um 17 Uhr eröffnete es die letzte Möglichkeit, neben spannenden anderen Kunstwerken unterschiedlicher Epochen das Gemälde “Bildnis Fräulein Lieser” von Gustav Klimt zu sehen.
Das Gemälde wurde am 24. April 2024 im selbigen Auktionshaus zu einem österreichischen Rekordpreis von 30 Mio. € versteigert, nachdem es kurze Zeit zuvor das erste Mal an die Oberfläche der internationalen Kunstwelt geriet.
Da sich im Vorfeld der Auktion insbesondere zahlreiche Provenienzfragen um das Gemälde ergaben und Restitutionsansprüche von Nachfahren der ursprünglichen jüdischen Eigentümer aus den 30er Jahren geltend gemacht wurden, bot die Versteigerung den idealen Anlass für eine kunstrechtliche und -historische Auseinandersetzung.
In der Heidi Horten Collection, einem jüngeren Wiener Museum, welches in unterschiedlich kuratierten Ausstellungen eine private Kunstsammlung zeigt, hielt Kunstrechtsexperte und Miteigentümer des Auktionshauses Kinsky, Dr. Ernst Ploil, einen Vortrag über die juristische Auseinandersetzung mit NS-Raubkunst und die Durchsetzbarkeit privater Restitutionsansprüche.
Unter zahlreichen Gästen veranschaulichte der 1946 geborene Rechtsanwalt und Kunstsammler die spannende Entwicklung des Restitutionsrechts ab Ende des zweiten Weltkriegs in Österreich. Durch gelungene Moderation von Nikolaus Forgó, Professor an der Juristischen Fakultät der Universität Wien, beantwortete Dr. Ploil sämtliche Nachfragen und bot Anregung für weitere Diskussionen bei einem Rundgang durch das inhaltlich und architektonisch eindrucksvolle Museum.
Zwischen Protesten, Eiernockerl und Spritzer
Der dritte Tag startete voller Inspiration und gesellschaftlicher Denkanstöße mit einer Führung im Museum für angewandte Kunst (MAK). Die Ausstellung mit dem brandaktuellen Thema “Protest/Architektur - Barrikaden, Camps, Sekundenkleber” führte uns in eine Welt, die den meisten unserer Truppe bislang unbekannt war. Von den ersten Barrikaden in Paris bis hin zu Klebeaktionen auf der Autobahn, zeigte die Ausstellung nicht nur die Errungenschaften solcher Proteste, sondern wies auch auf die Schwierigkeiten der gelebten Parallelgesellschaften hin.
Nach dem Museumsbesuch gab es eine Stärkung im berühmten Altwiener Café Prückel, wo wir eifrig die Zusammensetzung der österreichischen Eiernockerl besprachen und uns durch die Kuchenvitrine kosteten, bevor alle einen freien Nachmittag verbrachten. Dieser wurde aufgeteilt in einen Spaziergang über das Neubaugassenfest und eine Erkundung von Schloss Schönbrunn.
Zusammengefunden haben wir uns dann wieder beim Heurigen Wieninger am Nussberg, wo wir bei Spritzer und Speckbrot das letzte Mal die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich diskutierten und wehmütig auf ein mit Kultur, Diskussionen und leckerem Essen vollgepacktes Wochenende zurück blickten.
Ein letztes Mal noch Kunst und Schmaus
Doch einmal muss es wohl noch sein, vor allem wenn der Abschied schwerfällt! Die Wiener:innen wurden am Vortag verabschiedet, aber so ganz endgültig sagte man der österreichischen Hauptstadt doch noch nicht “Adé!”:
Um die abwechslungsreichen Tage gebührend enden zu lassen, nahmen Teile der Berliner Delegation ein letztes (leicht verspätetes) Frühstück beim ehemals königlichen und kaiserlichen Hofzuckerbäcker von 1786, dem altehrwürdigen Café Demel ein. Zu stärkender Frittatensuppe und Kaiserschmarrn mit Zwetschkenröster ging es für zwei der Berliner:innen in das nahegelegene ALBERTINA-Museum, um die aktuelle Roy Lichtenstein-Ausstellung und impressionistische Sammlungen, sowie feministische Fotografie und wenige Jahre alte Gemälde von Eva Beresin zu betrachten.
Nach einem Spaziergang durch den Schlosspark Belvedere endete der Berliner Besuch dort, wo er für die meisten der Angereisten auch anfing: am modernen Wiener Hauptbahnhof, der zu allgemeiner Überraschung in einer kleinen Filiale Trzesniewski-Brote bereit hielt. Mit einem letzten Biss(ch)en Wiener Kulturgut an Bord freuen wir uns alle auf einen Gegenbesuch.
Auf Bald,
eure Vienna Art Law Clinic und Berlin Art Law Society.