Autorin: Selina Bednarek
Rechtlich relevant ist für KI-Kunst vor allem, wer nach österreichischem Recht Urheber:in solcher Werke ist, wem die Rechte daran zukommen und ob diese von einer künstlichen Intelligenz (im Folgenden: KI) erschaffenen Werke überhaupt als „Kunst“ im klassischen Sinn bezeichnet werden können.
Zugegeben: Computer und Maschinen können bereits einiges und die Vorstellung, dass sie schon bald Künstler:innen in ihrem alltäglichen Schaffen imitieren, ja gar ersetzen könnten, ist durchaus keine Utopie, denn sie sind in der Kunstszene längst vertreten.
KIs können Musik komponieren, Bilder malen, Gedichte schreiben, Designs erstellen und noch viele weitere Erzeugnisse hervorbringen, die bis vor Kurzem noch das kreative Schaffen eines Menschen bedurften. Zusammengefasst kann Künstliche Intelligenz anhand weniger Begriffe Kunstwerke erschaffen, die so real und kunstvoll wirken, dass sie allerhöchstens von Expert:innen als KI-Kunst entlarvt werden können. Für die Kunstszene kam der Paukenschlag bereits 2018, als das in New York ansässige Auktionshaus Christie's erstmals, ein, von einer künstlichen Intelligenz geschaffenes Gemälde mit dem Titel „Edmond de Belamy“ (Kollektiv Obvious: Hugo Caselles-Dupré, Pierre Fautrel, Gauthier Vernier), für sage und schreibe 380.000 Euro versteigerte.
„Jedes wahre Kunstwerk offenbart ein Stück der Seele seines Schöpfers“ Erich Limpach
Dabei ist die Erzeugung von Kunst eigentlich ein äußerst kreativer und durchaus emotionaler Prozess, der sehr viel Schaffenskraft erfordert und den / die Künstler:in mit seinem / ihrem Werk in einer besonderen Weise verbindet. So fließen Gefühle, Werte, Kritik, Ängste oder auch Wünsche des / der Künstler:in in das Werk ein. Und auch das Urheberrecht knüpft den Schutz eines Werkes an eine gewisse „Werkhöhe“, die bis jetzt nur von menschlichen Erzeugnissen erreicht werden konnte.
Aber kann dieser Prozess zukünftig von einem Computer ersetzt werden?
Künstliche Intelligenz imitiert menschliches Handeln
KI basiert auf einem Algorithmus, der Computer zur Imitation menschlichen Handelns befähigen kann (logisches Denken, Lernen, Planen, kreatives Handeln). Es sind Methoden, die es dem Computer ermöglichen, mit menschenähnlicher Intelligenz zu agieren, Produkte zu erzeugen, ihre Umgebung zu analysieren und darauf mit einer gewissen Autonomie zu reagieren.
Dabei ist künstliche Intelligenz bereits allgegenwärtig: Sie findet sich in unseren Smartphones, wenn wir Siri, die „Stimme der Apple-Produkte“, bitten, eine Aufgabe für uns auszuführen oder gibt uns Musikempfehlungen auf Spotify & Co basierend auf unserem präferierten Musikkonsum.
KI-generierte Kunst
Unter dem Begriff KI-Kunst werden Kunstwerke zusammengefasst, die von einer künstlichen Intelligenz erschaffen wurden. Diese Art der Kunsterschaffung wird bereits seit mehreren Jahren vermehrt eingesetzt und hat spätestens im Jahr 2022 für Aufregung gesorgt, als ein Bild namens „Théâtre D’opéra Spatial“ bei einem Kunstwettbewerb in Colorado (USA) den ersten Platz belegte. Es war durch das Programm „Midjourney“ erstellt worden und erntete reichlich Kritik, denn viele stellten sich die Frage, ob ein KI-generiertes Werk überhaupt an einem solchen Contest für menschengemachte Kunst teilnehmen dürfe, geschweige denn als Kunst anerkannt werden sollte. Und auch die Roboterdame Ai-Da war es, die die Blicke bei der Kunstbiennale 2022 in Venedig auf sich zog. Sie zeichnete und malte als weltweit erste Roboterkünstlerin mithilfe von künstlicher Intelligenz. Während andere Kunstwerke starr an der Wand hingen, nahm sie durch ihre Kameraaugen die Umgebung wahr, konnte mithilfe von Algorithmen die aufgenommenen Eindrücke verarbeiten und anschließend in Gemälde umsetzen.
Dabei stellt sich die Frage: Dient KI nun als Werkzeug der dahinterstehenden Künstler:innen oder ist sie vielleicht sogar selbst kreativ tätig?
Künstliche Intelligenz braucht gezielte menschliche Einwürfe
Bevor eine KI tätig werden kann, wird sie anhand großer Datenmengen auf das Erstellen eben jener Werke „trainiert“. Anschließend muss der / die Benutzer:in lediglich eine Inhaltsangabe abgeben, welche Motive im Bild enthalten sein sollen. Die KI filtert daraufhin die Eigenschaften ihres Trainingsmaterials zusammen und verknüpft sie mit den zugehörigen Beschriftungen. Im Ergebnis erhält man das gewünschte Werk. Bei diesem Prozess verwendet die KI bereits vorhandene Kunstwerke, nimmt Teile davon heraus, orientiert sich an ihren Stilen und verknüpft sie zu einem neuen Werk. Die Vorgängermodelle dienen dabei sowohl inhaltlich als auch stilistisch als Basis für die Neuschaffungen. Und eine entscheidende Sache hat die künstliche Intelligenz in diesem Zusammenhang dem Menschen voraus, nämlich die Möglichkeit, eine Vielzahl von Datenmengen zu verarbeiten, die sich unser menschlicher Intellekt nicht einmal vorstellen kann. Doch kann an den Outputs, die uns KI liefert, Urheberrechte begründet werden?
Der Mensch und sein schöpferischer Akt stehen im Zentrum des Urheberrechtsgesetzes
Das österreichische Urheberrechtsgesetz verfolgt das Schöpferprinzip und bezieht seinen Schutzumfang dem Wortlaut nach nur auf „eigentümliche geistige Schöpfungen“. Dieses Erfordernis beschränkt das Urheberrecht somit auf die menschliche Kreativität. Das geschaffene Werk muss eine gewisse Eigentümlichkeit und Originalität aufweisen, damit es vom Schutzbereich erfasst ist. Begründung findet dieses Kriterium in der bis dato vertretenen Annahme, dass nur einem Menschen die Fähigkeit zuerkannt wird, ein solches Maß an Eigentümlichkeit und schöpferischer Originalität aufzubringen. Ist es vor diesem Hintergrund dann überhaupt möglich, künstlichen Intelligenzen eine gleichwertige Stellung wie Menschen einzuräumen und ihnen die Rechte an ihren Werken zuzuordnen?
Eine KI kann niemals eine geistige Schöpfung hervorbringen
Computer, Maschinen und Algorithmen sind juristisch gesehen nicht rechtsfähig, das bedeutet, sie können keine Rechte besitzen und begründen, können keine Verträge abschließen, nicht verklagt werden oder gar strafrechtlich relevante Taten begehen.
Deshalb ist es grundsätzlich auch nicht möglich, ihnen die Rechte an ihren Erzeugnissen zuzugestehen. Einer KI selbst kann nach geltendem österreichischem Recht also kein Urheberrecht zukommen. Und auch die Personen, die hinter einer künstlichen Intelligenz stehen, also die Entwickler:innen dieser Systeme, sind zwar genau genommen die „Schöpfer:innen“ des Algorithmus, aber nicht die Schöpfer:innen der Erzeugnisse, die dieses Programm hervorbringt. Ihnen die Rechte an den Werken zuzuordnen, wäre äußerst schwer begründbar und wird wohl auch in Zukunft zu keinem einheitlichen Lösungsansatz führen.
Gegenwärtig kommt für eine Urheberschaft also nur der / die Benutzer:in einer KI in Betracht, allerdings an die Voraussetzung geknüpft, dass das Werk dem geistigen Schöpfungsakt dieser Person zugrunde gelegt werden kann. Hat der Mensch kaum Einfluss auf den Erstellungsprozess genommen, scheidet sein Urheberrecht folglich aus und dem Werk kommt kein urheberrechtlicher Schutz zugute. Ein sehr unbefriedigender Zustand, vor allem in Hinblick auf die Verwertung durch Dritte.
In anderen Ländern wie Großbritannien oder Neuseeland gibt es bereits Regelungen, die den / die Programmierer:in als Urheber:in der KI-Werke ansehen. In Österreich lässt sich eine solch explizite Regelung noch vermissen. Trotzdem wurden bereits mehrere Lösungsvorschläge von Expert:innen geäußert, die von einem Urheberrechtsschutz der KI selbst über ein reines Leistungsschutzrecht an den Erzeugnissen bis hin zu gar keinem Schutz, reichen. Spätestens dann, wenn es Entwickler:innen gelungen ist, starke KI zu erzeugen, die über eine dem Menschen vergleichbare Intelligenz verfügt, eigenständig agieren und selbstständig ein Werk schaffen kann, wird man sich mit der Ausweitung des Urheberrechtstatbestandes auseinandersetzen müssen.
Status quo ist allerdings, dass am Erstellungsprozess eines KI-Erzeugnisses, neben der KI selbst, mehrere Personen beteiligt sind. Die Frage nach der jeweiligen Verantwortlichkeit kann sich aktuell also nur in Bezug auf folgende Personen stellen: Programmierer:in bzw. Trainer:in und Benutzer:in.
Kunst ist ein menschliches Kulturprodukt
Der bereits eingangs erwähnte Künstler Jonas Lund betont in diesem Zusammenhang vor allem die Wichtigkeit seiner Entscheidungsgewalt während des Erstellungsprozesses, denn ohne seine gezielten Einwürfe und Interventionen wäre es dem Programm nicht möglich gewesen, die Kunsterzeugnisse zu erbringen. Er sieht den Unterschied von klassischer menschengemachter Kunst zu den Auswürfen von KI darin, dass Kunst „eine Form des Selbstausdrucks und der Kommunikation“ ist. So leistungsfähig KI auch sein mag, kann sie menschliche Erfahrung, Emotionen und die persönliche Note, die ein:e Künstler:in einbringen, nicht ersetzen. Laut Lund besteht die Rolle des / der Künstler:in eben nicht nur darin, blind Kunstwerke zu produzieren, sondern alles Bekannte zu hinterfragen, sich mithilfe der Kunst kritisch zu äußern und mit dem Kunstwerk ein Statement zu setzen. Die KI vermag zwar Informationen zu verarbeiten und zu einem neuen Werk zusammenzuschustern, dahinter lässt sich allerdings wohl kaum eine Neuartigkeit, keine Kritik an Gewohntem und schon gleich gar keine Innovation erkennen, denn wenn man es auf das wesentliche herunterbricht, ist es eben nur eine Maschine, die keine eigenen Ideen hervorbringt, sondern bestehende zu einem neuen Werk verbindet. Zumindest vorerst. Eines kann man KI allerdings nicht absprechen: Einzigartigkeit. Denn bei ihrem Vorgehen berechnet sie ein Bild niemals zweimal auf dieselbe Weise.
Neue Kunstform oder reines Plagiieren
Während die einen darin also eine Chance sehen, vor allem am Beginn des künstlerischen Prozesses durch KI erzeugte Entwürfe schneller und effizienter in den kreativen Prozess einsteigen zu können, sprechen andere den KI-Kunsterzeugnissen jegliche Form der Originalität ab und gehen noch einen Schritt weiter, indem sie eine solche Imitation des kreativen und schöpferischen Prozesses von Grund auf ablehnen. So empfinden die einen KI-Kunst als reines Plagiieren bereits bestehender Kunstwerke, während die anderen darin eine neue Kunstform begründet sehen. Diskussionspotenzial hat dieses Thema allemal und wird wohl auch noch in den folgenden Jahren für reichlich Gesprächsstoff sorgen, denn aktuell ist noch nicht einmal abschließend geklärt, ob KI-Kunst überhaupt als „Kunst“ im klassischen Sinne bezeichnet werden kann.
VALC Tipp: Ab dem 10.05.2023 zeigt das Museum für angewandte Kunst Wien (MAK) in seiner Ausstellung /imagine: Eine Reise in die Neue Virtualität, die facettenreichen Gestaltungsmechanismen von Künstlicher Intelligenz. Anhand diverser Werke zeitgenössischer Künstler:innen setzt sich die Ausstellung auf vielfältige Weise mit den Auswirkungen und Potenzialen des „Virtuellen Raums“ auseinander.
Wer sich noch nicht so viel unter der Ausstellung vorstellen kann, findet auf folgenden Webseiten einen Vorgeschmack zu KI erzeugten Kunstwerken:
Akustisch: https://beatsundbits.de/beispiele/
Bildlich: https://www.mind-verse.de/ki-bilder
Quellen
C. Appl, Wettbewerbs-und Immaterialgüterrecht – Urheberrecht (2018) 192-197.
Exhibition – Jonas Lund „In the Middle of Nowhere”, https://officeimpart.com/jonas-lund-in-the-middle-of-nowhere-2(12.02.23).
KI und Kunst – wird der Mensch überflüssig, https://www.dw.com/de/ki-ist-der-mensch-überflüssig/a-64526 Während die einen darin also eine Chance sehen, vor allem am Beginn des künstlerischen Prozesses durch KI erzeugte Entwürfe schneller und effizienter in den kreativen Prozess einsteigen zu können, sprechen andere den KI-Kunsterzeugnissen jegliche Form der Originalität ab und gehen noch einen Schritt weiter, indem sie eine solche Imitation des kreativen und schöpferischen Prozesses von Grund auf ablehnen740 (02.02.23).
Kunstzitate, http://www.suedwestgalerie.de/kunstlexikon/kunstgeschichte/kunstzitate#kunstgeschichte (18.02.23).
Künstliche Intelligenz (KI) und Urheberrecht – Wem gehört was?, https://www.kwr.at/news/kuenstliche-intelligenz-ki-und-urheberrecht-wem-gehoert-was (zuletzt 17.02.23).
Ohne Mitwirkung des Menschen ist es keine Kunst, https://www.handelsblatt.com/arts_und_style/kunstmarkt/kuenstliche-intelligenz-ohne-mitwirkung-des-menschen-ist-es-keine-kunst/28959600.html (13.02.23).
The new virtual, https://www.mak.at/thenewvirtual (11.04.23).
Wem gehören die Rechte an der Musik von Künstlichen Intelligenzen?, https://fm4.orf.at/stories/3030563/ (15.02.23).
W. Zankl, Künstliche Intelligenz und Immaterialgüterrecht bei Computerkunst (2019) https://rdb.manz.at/document/rdb.tso.LIecolex20190336?execution=e1s2&highlight=künstliche+Intelligenz+urheberrecht
Hinweis
Dieser Beitrag ist rein zum Konsum aus Interesse gedacht und stellt keine rechtliche Einschätzung oder Beratung dar!