Autorin: Konstanze Pawlik
Anfang November 2022 entdeckte die Zeitung „Falter“, dass der österreichische Künstler André Heller eine von Basquiat stammende Zeichnung zerschnitten und in Folge zu einem Bilderrahmen umfunktioniert hat. Es handle sich dabei um einen „Bubenstreich“ an dem Kunsthistoriker Dieter Buchhart, welchem Heller eine ausschweifende Erzählung aufs Auge drückte, die den Eindruck erweckte, es handle sich um ein „Basquiat-Original“ und in Folge nicht richtiggestellt wurde. Doch der Spaß blieb nicht ohne Folgen: Trotz der Betonung Hellers, er habe niemals in Betrugsabsicht gehandelt, leitete die Wiener Staatsanwaltschaft nun Ermittlungen gegen den Künstler ein.
Während die Staatsanwaltschaft aktuell die Möglichkeit des Betrugs ermittelt, stellt sich für die Vienna Art Law Clinic (VALC) die Frage, wer nun Urheber des Bilderrahmens ist. Ist es Jean-Michel Basquiat, dessen eigentümliche Kunst auch am Bilderrahmen dargestellt wird oder handelt es sich um ein Kunstwerk Hellers, der durch das Zerschnippeln der Zeichnung eine völlig neue Kreation schaffte?
Urheber ist derjenige, der das Werk geschaffen hat
Um Kunst als ein „Werk“ zu qualifizieren und dadurch einen urheberrechtlichen Schutz zu gewährleisten, benötigt die Schöpfung eine gewisse Eigentümlichkeit. Aus der Idee eine:r Künstler:in entsteht ein Kunstwerk, das durch besondere Merkmale, man könnte sagen der „Handschrift“ des / der Künstler:in, gekennzeichnet ist. Fraglich ist in unserem Fall also nicht, wer Schöpfer bzw. Urheber der Zeichnung ist, denn das ist eindeutig Basquiat, sondern wer als Urheber des Bilderrahmens angesehen werden kann.
Bearbeitungen von künstlerischen Werken gibt es häufig: Wenn eine Heavy Metal Band beispielsweise beschließt, klassische Musikstücke in ihre Songs einzubauen oder wenn eine Schauspieltruppe kein Theaterstück, sondern einen Roman aufführen möchte, handelt es sich um Bearbeitungen, die aufgrund ihrer Eigenart geschützt werden. Um den Schutz für Übersetzungen oder andere Formen der Bearbeitung zu garantieren, benötigt man allerdings die Zustimmung des Urhebers. Um den Bilderrahmen als eine Bearbeitung der Zeichnung Basquiats zu sehen, müsste eindeutig eine Neugestaltung und nicht eine gänzlich neue Schöpfung vorliegen. Es müsste sich objektiv erkennbar um ein Basquiat-Kunstwerk handeln, das lediglich von Heller bearbeitet wurde. Es wird wohl schwierig werden, hierfür zu argumentieren, da Heller nicht nur die Zeichnung bearbeitete, sondern mit seinem Bilderrahmen etwas gänzlich Neues schaffte.
Denn wenn eine Kreation nur von einem Kunstwerk inspiriert wurde und in sich ein völlig eigenständiges Werk darstellt, handelt es sich nicht um eine Bearbeitung. In diesem Fall wäre das neue Werk klassisch als Werk der bildenden Künste schützenswert. Das originale Kunstwerk muss hierfür lediglich als Vorlage gedient haben und so weit in den Hintergrund treten, dass man es zwar als Inspiration aber nicht als Nachahmung wahrnimmt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat bereits einige Fälle zu diesem Thema entschieden, doch bleibt die Abgrenzung vom Original im Einzelfall oft schwierig. Fest steht, dass ein neues Werk eine ausgeprägte Individualität besitzen muss und dadurch einem neuen Urheber zugeordnet werden kann. Im vorliegenden Fall überwiegen die Argumente für eine neuartige Schöpfung Hellers. Er ist demnach Urheber des Bilderrahmens, da der Rahmen zwar von Basquiat inspiriert wurde, die Eigentümlichkeit André Hellers aber unverkennbar gegeben ist.
Dass Kunstwerke häufig von anderen Schöpfungen inspiriert oder sogar imitiert werden, ist keine Seltenheit. Die Frage der urheberrechtlichen Zugehörigkeit ist dabei keine leicht beantwortete, die nur durch genaue Analyse und Kenntnis festgestellt werden kann. Obwohl es sich häufig nicht vermeiden lässt, Rechtsstreitigkeiten dieser Art zu führen, sollte man über den Verkauf von Kunstwerken und ihrer Echtheitsbehauptung wohl keine Witze machen.
VALC-Tipp
Wer ein echtes „Basquiat-Original“ und nicht nur seine zerschnippelten Zeichnungen bewundern möchte, kann dies aktuell in der Albertina tun. Die Ausstellung „Die Retrospektive Basquiat“ zeigt noch bis zum 08.01.2023 rund 50 Hauptwerke des bahnbrechenden Visionärs, der seiner Zeit weit voraus war.
Quellen
orf.at, "Kindischer Streich": Wirbel um Hellers Basquiat-Imitat, https://orf.at/stories/3292077/ [02.11.2022].
O. Kronsteiner, Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungsverfahren gegen André Heller ein, https://www.derstandard.at/story/2000141344803/staatsanwaltschaft-leitet-ermittlungsverfahren-gegen-andre-heller-ein [29.11.2022].
G. Haybäck, Marken- und Immaterialgüterrecht (2014), 137 – 138.
Albertina, Basquiat - Die spektakuläre Herbstausstellung in der Albertina, https://www.albertina.at/ausstellungen/basquiat/ [09.09.2022].
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